EL OLIVO – DER OLIVENBAUM / Film / Directors Statement

Directors Statement

Seinen Anfang nahm „El Olivo“ mit einer Zeitungsmeldung, auf die Paul Laverty gestoßen war. Sie handelte von der Reise eines über tausendjährigen Olivenbaums, der in der Region des Bajo Maestrazgo ausgegraben und in den Norden Europas verschickt wurde, um dort einen Garten, eine Bank oder was auch immer zu schmücken. Ein Olivenbaum mehr, der wie unzählige vor ihm in den vergangenen Jahren verkauft und von ihrem ursprünglichen Ort weggebracht wurden, um überall auf der Welt Bankgebäude, Konzernzentralen, Verkehrsinseln oder Privatgärten zu schmücken, bis hin nach China.

Diese Bäume sind von atemberaubender Schönheit, wie lebendige Skulpturen. Abgesehen davon, spiegelte das Schicksal dieser Bäume die Ausplünderung wider, die unser Land und seine Landschaften während der Jahre des Booms erlitten haben, das, was wir später in der Krise verloren, den Schaden, den wir uns zugefügt haben – und die Notwendigkeit, unseren kulturellen Reichtum, unsere Wurzeln, letztlich uns selbst zu schützen.

Der Bajo Maestrazgo ist eine Gegend, die sowohl von Hinterland als auch Küste bestimmt ist, von manchmal spektakulärer, unbesiedelter Schönheit, zwischen ländlich und urban, Vergangenheit und Gegenwart. Vor diesem Hintergrund, mit einem jener uralten Olivenbäume als lebendigem Ausgangspunkt, schrieb Paul Laverty eine scheinbar einfache Geschichte, die aber von ganz unterschiedlichen Themen handelt.

Ein Kind, ein Großvater, ein in der Vergangenheit gegen ihren Willen verkaufter Olivenbaum, eine Familie, die auf den Zug der Boomjahre aufspringen wollte, aber dann wie so viele in Spanien fast alles verloren hat... Und dieses Kind, Alma, inzwischen Anfang 20, stürzt sich in ein unmögliches, Don-Quijote-haftes Unternehmen: Den verlorenen Olivenbaum wieder zurückzuholen, um so auch ihren Großvater wieder zurückzubekommen, der im Nebel des Alters oder, wer weiß, vielleicht des Schmerzes verloren ist.

Stark, zerbrechlich, heftig und empfindsam, selbstzerstörerisch, aber angetrieben von dem Wunsch, alles für den Menschen zu tun, den sie am meisten liebt: Alma ist wie eine Naturgewalt, eine junge Frau, die entschlossen ist, den Gang der Dinge zu verändern – oder es wenigstens zu versuchen.

In „El Olivo“ geht es um Alma, um ihre Familie, um das, was in den vergangenen 15 Jahren in Spanien geschehen ist. Darum, was die Menschen verloren haben, was das mit ihnen und was sie mit sich selbst gemacht haben. Es geht darum, was wir vielleicht machen können, um anzufangen, die Wunden zu heilen.

Einer der höchsten Preise, den wir für diese Krise zahlen, ist – abgesehen von der materiellen Verarmung – das Verschwinden von etwas Essentiellem, der Hoffnung. Für mich erzählt „El Olivo“ davon, wieder an etwas zu glauben. Zu lernen, wie man wieder vertrauen kann.

In seinem Herzen ist „El Olivo“ ein modernes Märchen, eine einfache Geschichte – und dennoch, hoffe ich, reichhaltig und bewegend. Eine Geschichte vor dem Hintergrund unserer jüngsten Vergangenheit, dem wirtschaftlichen Boom und der anschließenden Krise; eine Geschichte mit einem sehr eigenen Kraftzentrum, Alma,die bei ihrer Reise nichts und niemanden ungeschoren lässt. Angefangen bei ihr selbst.

(Icíar Bollaín)